Bereit für die Zukunft

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Bereit für die Zukunft
Ein Werkstattporträt der Fachzeitschrift PROFI Werkstatt

Für die AGK Truck & Bus GmbH Bayern sind Digitalisierung und Elektromobilität alles andere als Fremdworte. Der noch junge Buswerkstattbetrieb in Feldkirchen nahe München kann eine erstaunliche Erfolgsgeschichte vorweisen und ist auch für kommende Herausforderungen gut gewappnet.

Stimmt das Konzept, kann eine Buswerkstatt auch heute noch enorm schnell wachsen und eine echte Erfolgsstory hinlegen. Bestes Beispiel dafür ist die AGK Truck & Bus GmbH Bayern. Laut einer Erhebung des Focus in Kooperation mit dem Onlineportal Statista gehört das Werkstattunternehmen aus Feldkirchen östlich von München zu den am schnellsten wachsenden Unternehmen Deutschlands zwischen 2014 und 2017, erhielt daher die Auszeichnung, Wachstums-Champion 2019″. In der Top-500-Liste erzielte AGK Bayern innerhalb der Werkstattbranche den 20sten Platz deutschlandweit für sein hohes Umsatzwachstum.

Ausschlaggebend für den Erfolg der zurückliegenden zwölf Jahre war schlussendlich, dass Geschäftsführer Christian Gschwendtner sowie seine Frau und Prokuristin Nadine schon vor dem Start des eigenen Unternehmens bestens vernetzt in der Branche waren und zur richtigen Zeit den Schritt in die Eigenständigkeit wagten. Der heute 53-jährige Christian Gschwendtner hatte nach einer Ausbildung zum Stahl- und Betonbauer sowie zum Berufskraftfahrer im Personenverkehr und einer dreijährigen Zeit als Reisebusfahrer seit 1991 als Disponent und später Betriebsleiter beim einem großen privaten Münchner Linien und Reisebusunternehmen gearbeitet, seine Frau zuletzt als Assistentin der Geschäftsleitung. Bereits 2004 setzte dieses Unternehmen erste Solaris-Busse ein. Im Zuge diverser Fahrzeugabnahmen intensivierte sich dadurch der Kontakt zu Solange Olszewska, der Mitgründerin des polnischen Busbauers und späteren Vorstandsvorsitzenden. Die Idee zur Selbständigkeit kam den Gschwendtners aber erst 2OO7, aIs auch die MVG in München erste Einheiten bei Solaris orderte. Das Gebäude des ersten Werkstattbetriebs wurde am 3. Juli 2008 in Ebersberg bezogen. Schnell akquirierte AGK Bayern fast alle Busfirmen der Region als Kunden, die damals Solaris-Busse kauften, darunter viele Privatunternehmen. „Ohne die Vorgeschichte bei dem Busunternehmen, die mir die Kontakte verschaffte, wäre es nicht gegangen. Geplant war die Selbständigkeit dabei zunächst überhaupt nicht“, resümiert Christian Gschwendtner heute. 2010 bis 2014 führte ein AGK-Team zudem vor Ort in Berlin Garantiearbeiten an 280 Solaris-Einheiten der BVG aus.

2014 Umzug nach Feldkirchen

Bereits 2010 erfolgte der Vertragsabschluss mit DAF und den Busherstellern Van Hool und VDL. Der Standort Ebersberg, wo man mit gerade einmal vier Mitarbeitern 2008 begonnen hatte, wurde bald zu klein. Deswegen erfolgte 2013 der Entschluss, sich zu vergrößern, und 2014 der Umzug nach Feldkirchen. In den Werkstattneubau auf dem 4.800 Quadratmeter großen Gelände am Autobahnkreuz Ost (A94/499) investierten die Gschwendtners rund 3,7 Millionen Euro. Mit zehn Beschäftigten starten sie von hier aus einen erstaunlichen Wachstumsprozess. 2018 wurde man Partnerbetrieb von lveco, 2019 von Omniplus. Und zum 1. JuIi2079 erfolgte die Anmietung der Werkstatträume auf dem Betriebsgelände der infra fürth gmbh. In der neuen Zweigstelle im Raum Nürnberg sind seitdem ein Meister und sieben Mechatroniker für den Service der infra-fürth-Fahrzeuge zuständig. Auch der Münchner Firmensitz erlebte einen starken Mitarbeiterzuwachs. Heute sind hier neben den Gschwendtners 32 Menschen beschäftigt, darunter vier Meister, 15 Mechaniker, sechs Azubis, ein Lagerleiter und ein Lagerist sowie fünf Bürokräfte. Auch der 30-jährige Sohn des Gründerehepaars, Marcus Gschwendtner, packt kräftig an und soll als Nachfolger aufgebaut werden. Heute betreut man sozusagen alles in der Region im Umkreis von rund 100 Kilometern, was von einem DAF-Motor angetrieben wird, aber auch EvoBus und lveco-Fahrzeuge. Einige Kunden mit Van-Hool-Bussen kommen bei größeren Problemen sogar aus noch größerer Entfernung zur Werkstatt in Feldkirchen. Selbst wenige MAN Einheiten werden hier gewartet und repariert, wenn es auch mit der MAN Niederlassung in Feldkirchen natürlich einen Spezialisten vor Ort gibt. Und auch 50 Hess- und 25 Göppel-Busanhängerzüge gehören zum betreuten Fahrzeugpool.

Spezialfall Vorfeldbusse Ein Spezialfall sind die 29 Cobus-Vorfeldbusse des Münchner Franz-Josef-Strauß-Flughafens. Sie sind zum einen drei Meter breit und besitzen zum anderen keine Straßenzulassung. Mit einer Sondergenehmigung der Regierung Oberbayern und auf einer vorgegebenen, rund 35 Kilometer langen Strecke dürfen sie von eingetragenen Meistern der AGK Bayern vom Airport zur Werkstatt überführt werden. „Mit einigen engen Kreisverkehren unterwegs ist das jedes Mal eine interessante Sache“, lacht Christian Gschwendtner. Derzeit werden 1.679 Fahrzeuge betreut, darunter einige Pkw, Transporter von nahegelegenen Firmen wie der Alois Dallmayr Automaten-Service und Riedl Aufzugbau sowie 30 Lkw des europaweit agierenden Eventausstatters Party Rent der im selben Gewerbegebiet wie die AGK einen Stützpunkt besitzt. Rund 95 Prozent des betreuten Fahrzeugpools der nach ISO 9001:2015 zertifizierten Werkstatt sind aber Busse. Drei bis vier Durchläufe zählt diese am Tag. Zwischen 4,5 und 5,0 Millionen Euro betrug der Umsatz im abgelaufenen Jahr 2019. Die rund 1.800 Quadratmeter große Durchfahrwerkstatt besitzt acht Stellplätze mit 5,5-Tonnen-Radgreifern von Finkbeiner, eine 30-Meter-Grube und eine Prüfspur mit Grube für den TÜV Süd, der täglich im Hause ist. Hinzu kommt ein rund 290 Quadratmeter großes Bürogebäude mit modernen Sozialräumen – unter anderem einem großen Aufenthaltsraum mit Küchenzeile – und ein etwa 320 Quadratmeter großes Lager. Es umfasst 1.611 Artikel im Wert von 145.000 Euro. Mit 600 Artikeln und einem Wert von 25.000 Euro ist der Standort Fürth deutlich kleiner dimensioniert. Auch eine Waschhalle mit mobilem SpeedyWash-Gerät ist vorhanden. Dort wird im Schnitt ein Fahrzeug pro Tag gereinigt, am Wochenende dagegen gelegentlich auch bis zu 50. Denn die Gelegenheit nutzen beispielsweise FlixBus-Partnerunternehmen, die für die Wäsche natürlich zahlen, während sie ansonsten Teil der Werkstattservices ist. Dieser umfasst eine umfangreiche Dienstleistungspalette von HU, SP und Tachoprüfung bis hin zu Motor-, Getriebe- und Unfallinstandsetzungen. Dazu ist eine Richtlehre im Hause vorhanden. Spenglerarbeiten wie das Heraustrennen oder Schweißen von Rahmenteilen werden nach Herstellerzertifizierung ausgeführt.

Die AGK Bayern erledigt ihren Service nicht nur im eigenen Werkstattgebäude, sondern auch vor Ort beim Kunden. Dazu sind täglich bis zu sechs VW Caddy unterwegs, beispielsweise zum MVG-Betriebshof West. Außerdem steht ein Service-Lkw bereit, der nicht nur Notstromaggregat und Kompressor mitführt, sondern auch ein Reifenmontagegerät. Jeweils ein Sprinter für den 24-h-Pannenservice – etwa für liegengebliebene Fernreise- und -linienbusse – rundet den Fuhrpark für den mobilen Service ab.

Einen Ort, den die AGK-Einsatzfahrzeuge in naher Zeit öfters ansteuern dürften, ist der MVG-Betriebshof Ost. Denn dort ist derzeit die wachsende Elektrobusflotte der Münchner stationiert. Bislang sind es nur sechs Ebusco 2.1 und 2.2, die ab 2017 in die Landeshauptstadt geliefert wurden. Noch 2020 sollen je acht Mercedes-Benz eCitaro G und Ebusco 2.2 hinzukommen, auch der neue 3.0 der Niederländer in Leichtbauweise und mit Batterien in der Bodengruppe steht schon in den Startlöchern und könnte ab 2O21 die MVG-Flotte ergänzen. Im selben Jahr soll im Münchner Nordwesten auch der auf Elektromobilität spezialisierte, neugebaute Betriebshof in Moosach mit Hochgarage für rund 320 Stellplätze eröffnet werden.

Auch in Fürth werden gerade zwei eCitaro von der AGK Bayern mit IBIS-System, Drucker und Kasse ausgerüstet. Derweil erhält die VAG in Nürnberg in Kürze zehn vollelektrische Solaris-Stadtbusse, für die die AGK den Service übernimmt.

Neue Investitionen erforderlich

Die Zeichen stehen also auf Elektromobilität in München und Franken – und damit auch für die Werkstätten in Feldkirchen und Fürth. Bislang genügte am Hauptstandort noch eine Scherenbühne zum Hochfahren. Doch Christian Gschwendtner beschäftigt sich bereits mit der Anschaffung von Dacharbeitsplätzen, auch wenn er bislang noch vor den hohen Kosten zurückschreckt. Auf Dauer dürfte er allerdings nicht um eine solche Investition herumkommen – zu schnell schreitet die Elektrifizierung im ÖPNV voran. Nur wenige Meter vom AGK-Haupteingang, direkt auf der gegenüberliegenden Straßenseite, hat unlängst das Busunternehmen Josef Ettenhuber auf seinem Betriebshof die ersten drei 920-V-Schnelllader des portugiesischen Herstellers Efacec mit maximaler Leistung von 161 kW und Combo-2-Anschluss installiert. Hier werden künftig die ersten drei Solaris Urbino 12 electric mit 300-kwh-Batteriepaket „aufgetankt“. Die Solaris-Flotte von Ettenhuber steigt damit auf 112 Einheiten an. AGK Bayern richtet sich auf das neue Zeitalter aus. Drei Mitarbeiter haben die HochvoltschuIung bereits durchlaufen. Nicht nur ihr Arbeitsbereich wird sich in Zukunft wandeln. Auch der Betrieb selber muss sich an die Veränderungen anpassen.

Es werden beispielsweise die E-Busse für Ettenhuber mit zehnjährigem Vollservicevertrag inklusive einem Batteriewechsel geordert, was für Planungssicherheit sorgt. Zudem zeigen die bisherigen Erfahrungen mit den elektrifizierten Bussen in München, dass die Spurstangen aufgrund des hohen Batteriegewichts schneller ausschlagen als bei den Dieselpendants, was der Werkstatt natürlich zusätzliche Aufträge beschert. Ansonsten aber sind die Stromer aber deutlich weniger wartungsintensiv – ein schwerwiegendes Problem für die gesamte Werkstattbranche, für das sie möglichst rasch Lösungen finden sollte. Die Elektromotoren sind nahezu wartungsfrei, Ölwechsel entfallen, und auch die Betriebsbremsen zeigen durch die Rekuperationsmöglichkeit der Elektromotoren im Generatorbetrieb so gut wie keinen Verschleiß. „Bei den Ebusco-Bussen der MVG liegt die Abnutzung diesbezüglich nach drei Jahren bei null“, benennt Christian Gschwendtner einen Vorteil für die Betreiber und einen gleichzeitigen Nachteil für die freien Werkstätten.

Folgen der Elektrifizierung

Womöglich müssen Werkstätten diese Mindereinnahmen aufgrund der Elektrifizierung künftig einkalkulieren und sich als Ersatz andere Einnahmequellen suchen. AGK Bayern vermietet aktuell nicht nur zehn Einheiten, darunter auch Gelenkbusse. Man war auch schon im Gespräch mit dem Ingolstädter Unternehmen e-troFit, das in Zukunft über Partnerwerkstätten Dieselbusse auf Elektroantrieb umrüsten will. Womöglich werden schon in absehbarer Zeit beispielsweise Mercedes-Benz Citaro I in Feldkirchen modifiziert für einen weiteren sechs bis achtjährigen, dann lokal emissionsfreien Einsatz.

Die Gschwendtners machen ihren Betrieb aber auch in noch anderer Hinsicht fit für die Zukunft: Digitalisierung soll Prozesse vereinfachen und verschlanken. Die AGK Bayern setzt dafür die Werkstattmanagementlösung Werbas Nfz ein. Diese hat den Vorteil, dass man je nach Bedarf einzelne Softwarebausteine verwenden kann. Gerade einem Mehrmarkenbetrieb wie die AGK ist ein solches modulares System wie auf den Leib geschneidert. So werden z.B. die Preislisten der Fahrzeughersteller und Teilelieferanten in Werbas eingespielt. So hat der Feldkirchner Betrieb jederzeit den Überblick, was welches Teil bei den jeweiligen Anbietern kostet.

Software beschleunigt

Aber auch die Arbeitsabläufe werden mit Softwarehilfe systematisiert und beschleunigt. So geschieht die Dialogannahme direkt mobil per Tablet am Fahrzeug. Nach Erledigung des Auftrags macht der AGK-Meister eine Probefahrt und nimmt das Fahrzeug ab. Seine Aufzeichnungen wandern direkt in die Rechnungslegung. Dauerte es vor fünf Jahren bei dem bayrischen Werkstattbetrieb noch bis zu zwei Monate für den Ausgang der Rechnung, geschieht das heute innerhalb von 14 Tagen.

Die Rechnungen selber gehen in der Regel papierlos zu Kunden und Partnern. 27 von ihnen akzeptieren heute schon keine Papierrechnungen, darunter etwa der Teilehändler Winkler. 2018 hat AGK seinerseits den ganzen Betrieb auf papierlose Vorgänge umgestellt. Noch müssen allerdings immer noch eingehende Schreiben mühsam gescannt und in PDF-Dokumente umgewandelt werden. Doch auch das soll in Zukunft mit Hilfe des Werbas-Programms vereinfacht werden. Das verknüpft heute schon ganze Prozesse: Vom hinterlegten Fahrzeugstamm über Werkstattauftrag, Rechnungslegung, mögliche Erinnerungen und dritte Mahnung sowie das Nachordern verwendeter Teile läuft alles automatisch ab. Die Fahrzeughistorie ist jeweils in Werbas Nfz dokumentiert und durch Fahrzeugschein sowie Fotos von Wartungs- und Reparaturfällen ergänzt. Alle anstehenden Termine wie SP und HU verwaltet die Software selbständig.

Für die Zukunft gibt es allerdings immer noch Potenzial nach oben. Bislang müssen die Mechaniker nach Außenterminen bei Kunden zusammen mit einem Meister noch die Auftragsdokumentation erledigen. „Wird das bereits vor Ort per Tablet oder Handy erledigt, kann ich mir zwei Leute einsparen“, ist Christian Gschwendtner überzeugt. Auch für das Scannen von Teilen oder die Inventur könne man die Geräte zukünftig einsetzen. Am Fürther Standort werden dagegen im Moment noch Scanner eingesetzt, die Strichcodes auslesen.

Der webbasierte Einsatz von Tablets und Smartphones soll zudem in Verbindung mit der Werbas Cloud für ständigen Zugriff auf Daten unabhängig vom Einsatzort sorgen – z.B. auf einen Teilekatalog, um direkt beim Kunden zu sehen, ob ein Ersatzteil vorrätig ist. Bislang wird das noch auf Handzetteln vermerkt, um nach der Rückkehr der AGK Mitarbeiter vom Meister in einen elektronischen Auftrag übertragen zu werden. Die firmenspezifischen Daten verbleiben auch beim komplett digitalisierten Prozess immer auf dem Server des Kunden – was für Sicherheit sorgt und eine hohe Datenflut im Cloudsystem vermeidet. Werbas Nfz findet in Feldkirchen in vielfältigen weiteren Einsatzfeldern Verwendung. Beispielsweise wird darüber das Zeitmanagement geregelt – das Kommen und Gehen der Mitarbeiter ebenso wie die verrichteten Arbeiten am Fahrzeug. Diese Daten gehen dann direkt ein in die Lohn- und Auftragsabrechnung. Die Software berechnet und verwaltet seit vergangenem Jahr dank eines ergänzten Moduls auch die Umsatzzahlen, sodass die Geschäftsführung ständig einen genauen Überblick hat, was auch für die steuerliche Praxis wichtig ist. „Wir haben viel in die Werbas-Software investiert. Es war aber für uns der richtige Schritt“, ist der Firmenchef überzeugt. „Unsere junge Werkstattmannschaft kommt mit digitalen Diensten sehr gut klar“, fügt er hinzu.

 

Quelle: Fachzeitschrift PROFI Werkstatt / Redakteur Claus Bünnagel

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