Vom Proficenter zum Profitcenter
Ein interessanter Anwenderbericht von dem Fachmagazin nfm Nutzfahrzeug Management
Dass Nutzfahrzeug- und Arbeitsmaschinenwerkstatten nicht zur Kostenfalle werden müssen, belegt ganz offensichtlich die Service-Einrichtung von Max Wild im süddeutschen Berkheim-lllerbachen.
Es gab Zeiten, da gehörte die eigene Werkstatt mit einem oder zwei Mitarbeitern zur Grundausstattung eines jeden Speditionsbetriebs. Nicht zuletzt auch durch die zunehmend komplexere Nutzfahrzeugtechnik, begann sich dann in den letzten zwei, drei Jahrzehnten das Bild zu wandeln. Ein eigener Werkstattbetrieb wurde in einer oftmals subjektiven Einschätzung zunehmend als „unkalkulierbare“ Kostenstelle und -falle betrachtet und entsprechende Service-Dienstleistungen an Fachwerkstatten abgegeben. Vor dem Hintergrund eines ebenfalls immer professionelleren Managements großer und kleiner Flotten, konnten hauseigene Werkstattkapazitäten in den letzten Jahren jedoch plötzlich eine Renaissance erleben. Die Gründe hierfür finden sich in einer genauen Betrachtung der Umgebung, in der die Nutzfahrzeuge, aber auch Arbeitsmaschinen, eingesetzt werden. Ein mehr als naheliegendes Argument ist beispielsweise die strikt wirtschaftliche Fahrung des Werkstattbetriebs als separater Unternehmensbereich. Oder aber das typische Einsatzspektrum und die Nutzung der Fahrzeuge wird von kritischen Faktoren wie maximaler Zuverlässigkeit begleitet, dass die Kosten einer eigenen Werkstatteinheit letztendlich niedriger sind, wie die Folgekosten eines m6glichen Ausfalls des Transportequipments. Wie die eigene Werkstatt zum echten Erfolgsmodell innerhalb eines größeren Unternehmens werden kann, zeigt hierbei das noch recht junge Unternehmen „Die Werkstatt“ von Max Wild in Berkheim- lllerbachen.
Auf die Ruhe folgen volle Bahnen.
In relativer Nahe zu Memmingen gelegen, legte Max Wild im Jahre 1955 mit einem Lkw und dem Transport von Kohle den Grundstein für das heutige Bauunternehmen. Mit 14 Leistungsbereichen, rund 440 Fahrzeugen und mehr als 650 Mitarbeitern verfügt der Bauspezialist aber fast 20 Niederlassungen im süddeutschen Raum. Wie Daniel Wild aus der dritten Generation als Geschäftsfeldleiter Fuhrpark-/Geräte-Management bei einer Presseveranstaltung Ende April in Berkheim zu berichten wusste, verfügte das Unternehmen nicht zuletzt durch die Vielzahl von Baumaschinen sehr früh über eine eigene Werkstatt. Allerdings wurde diese Kostenstelle sehr lange als notwendiges Übel betrachtet, bis Ende der 2010er-Jahre die Familienmitglieder der Unternehmensführung davon überzeugt werden konnten, den bislang eher ungeliebten Betrieb auf eine professionelle Basis zu stellen – der ganz bewusst auch die Öffnung für externe Kunden beinhaltete. So konnte vor drei Jahren der moderne Werkstattbetrieb mit 15 Bahnen inklusive Lackier- und Waschstraße an die Mechaniker und Angestellten des Managements übergeben werden. Nach Aussage von Daniel Wild machte man sich allerdings zu Beginn des Betriebs in den neuen Hallen ernsthaft Gedanken, ob sich angesichts der schieren Größe der Werkstatt und der damit auch verbundenen Auslastung, die explizit angestrebte Wirtschaftlichkeit, auch tatsachlich erzielen lasse. In der Tat waren die ersten Monate wohl mit einer reduzierten Nachfrage insbesondere seitens der externen Kunden verbunden. Doch schon kurze Zeit nach der Eröffnung hatten sich dann durch eine klassische Mund-zu Mund-Propaganda in der Region die Qualitäten der Werkstatt herumgesprochen – und für volle Werkstattbahnen gesorgt.
Netzwerk statt Insellösung.
Teil des Erfolgs sind eindeutig auch die gewählten Partner des Service-Betriebs. Dazu zählt beispielsweise das Unternehmen Werbas, das sich auf die Entwicklung von maßgeschneiderten Software-Lösungen spezialisiert hat. Diese sollen in allen Bereichen nicht nur den kompletten Werkstattzyklus abbilden, sondern die Werkstatt auch mobil machen. Zu den Schwerpunkten des Angebots zählen Schnittstellen für Ersatzteile im Pkw-Segment, insbesondere aber Lösungen für den Nutzfahrzeug- und Arbeitsmaschinenbereich. Wie umfassend die Aufgabenstellungen im Werkstattbereich sein können, machte Werbas mit seiner Veranstaltung am Fuhrpark von Max Wild deutlich, die in vielfaltiger Weise im Logistik- und Baubereich aktiv ist. Neben Fahrzeugen für die Lagerlogistik befinden sich im Fuhrpark auch Kehrmaschinen, Lastwagen für den Baustellenbereich, Saugbagger, Baumaschinen aller Art und nicht zuletzt Spezialfahrzeuge für den Transport von ganzen Häusern oder anderen sperrigen und schweren Gütern. Um Fahrzeuge professionell und effektiv warten zu können, wird eine Vielzahl an Informationen benötigt, die zudem sinnvoll verknüpft werden müssen. Genau aus diesem Grund baut Werbas nach eigenen Angaben die Anzahl der Schnittstellen zu Fahrzeug- und Teileherstellern, zu Marken sowie Informationsplattformen weiter aus.
Verkürzte Bestellzeiten.
Inzwischen stehen so mehr als 250 Schnittstellen für die Werkstatt-Management-Systeme von Werbas zur Verfügung. Darunter finden sich auch zahlreiche Verknüpfungen in den Bereichen der Baumaschinen und Ersatzteile, wie beispielsweise Schnittstellen zu den OCI-Katalogen von Liebherr und Zeppelin. Für Werkstätten wie bei Max Wild, die sich auch auf die Reparatur und Wartung von Baumaschinen und Nutzfahrzeuge spezialisiert hatten, sollen solche Schnittstellen verkürzte Bestellzeiten ermöglichen – was sich wiederum positiv auf die Standzeit der Maschinen auswirkt. Dank der Verbindungen können Werkstattmitarbeitende die entsprechenden Teile aus den Katalogen auswählen und in den Warenkorb sowie per Werbas-Button auch in den Auftrag übernehmen. In Werbas sind alle zu bestellenden Artikel mit Nettoeinkaufspreisen aufgeführt. Nach den Worten von Geschäftsführer Dennis Koblowsky sind dies zwei von 250 Beispielen einer branchenrelevanten Verknüpfung von Informationen. Gleiches gilt beispielsweise für Schnittstellen zu winkler oder Partslink, zu Leibold, dem Workshop-Net Netman oder die Verknüpfungen mit C-Teile-Lieferanten wie Würth. Hinzu kommen Markenfunktionalitäten von DAF und MAN, Daimler, Iveco, Scania oder auch Fiat Professional.
Weniger Medienbrüche.
Längst geht es nach Aussage von Dennis Koblowsky nicht mehr darum, Daten anzuzeigen, sondern komplette Arbeitsprozesse digital abzubilden. So können individuelle oder vorgegebene Checklisten online abgearbeitet werden. Werkstattaufträge werden nicht mehr auf Papier ausgedruckt und ausgefüllt, um anschließend wieder erfasst werden zu müssen. So werden Prozesse in der Werkstatt durch die reduzierte Anzahl an Medienbrüchen sicherer und letztendlich auch effektiver. Und die Nutzer von Werbas-Nfz sollen auch von einem einfachen Zugriff auf umfassende Stammdaten profitieren. Hinzu kommen Anwendungen aus der Warenwirtschaft, zu Arbeitsgängen, der Preisfindung oder der Rabattmatrix. Gleiches gilt für Kostenstellen und -träger, die Möglichkeit, Pakete zu bilden oder die Inventur schnell und einfach durchzuführen. Abgerundet wird das Spektrum durch das integrierte Teile-Informations-System.
Von der Kostenfalle zum Profitcenter.
Bei der Software-Entwicklung spielt nach Aussage von Werbas neben den Funktionen die Fokussierung auf die Anwender eine gleichberechtigte Rolle. Deutlich soll dies die Möglichkeit machen, die Oberfläche beispielsweiße auf die unterschiedlichen Anforderungen der verschiedenen Arbeitsplätze individuell anzupassen. Davon profitiert auch die Max Wild GmbH, wie Daniel Wild und Luca Häussler, der für die kaufmännische Projektsteuerung der Werkstatt verantwortlich zeichnet, einstimmig bestätigen. Und so ist aus der einstigen „Kosten“-Stelle über entsprechende Service-Partnerschaften mit namhaften Fahrzeugherstellern wie Krone, Meiller, Goldhofer, Kögel oder auch Toll Collect aus dem Proficenter letztendlich das wirtschaftlich erfolgreiche Profitcenter geworden.
Quelle: nfm Nutzfahrzeug Management Ausgabe Juni 2023
Fotos: FH, Max Wild, WERBAS
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